Spielerisch lernen? Erfahrungen mit der Montessoripädagogik und alternativen Lernkonzepten

Spielerisch lernen? Erfahrungen mit der Montessoripädagogik und alternativen Lernkonzepten

Unsere Schülerpraktikantin ist seit sechs Jahren auf einer Freien Schule, die nach der Montessori-Pädagogik unterrichten. Für uns hat sie einen Artikel über dieses Lehrkonzept geschrieben und fasst ihre Erfahrungen zusammen.

Die Hintergründe von Montessori

Das Montessori Konzept wurde im frühen 20. Jahrhundert von Maria Montessori entwickelt, damit Kinder und Jugendliche selbstbestimmt aufwachsen und lernen können. 

Maria Montessori studierte ursprünglich Medizin und hatte wenig mit Erziehung und Pädagogik zu tun. Sie arbeitete knapp elf Jahre als Ärztin, bevor sie die Leitung einer Kita namens “Casa de Bambini” übernahm. In der Zeit, in der sie dort arbeitete, beobachtete sie, wie die Kinder sich dort entwickelten, und sammelte Erfahrungen für ihr späteres Konzept. 

Ihr Menschenbild wurde in den darauffolgenden Jahren, in denen sie in der Kita arbeitetet, stark von der Reformpädagogik geprägt.  

Die Reformpädagogik befasste sich mit der Umwandlung von Schulen, Kitas und allgemein dem Konzept des Unterrichts und des Lernens. 

Aufbauend auf ihren Erkenntnissen und Erfahrungen entwickelte sie ein Konzept, bei dem die Entwicklung und der Selbstaufbau des Kindes im Vordergrund stehen. 

Sie war der Meinung, dass Kinder eigenständig in ihrem Lerntempo und ihrer Umgebung lernen sollten, ohne den Druck, auf dem gleichen Level wie die anderen zu sein. 

Das Grundkonzept von Maria Montessori basiert auf den verschiedenen Phasen der Kinder und Jugendlichen. Sie beobachtete, dass das Kind mehrere Phasen durchläuft, von der Geburt bis zum Erwachsensein. 

In jeder Entwicklungsphase treten verschiedenen Bedürfnisse und Aufgaben zu Tage, die für die Kinder wichtig sind. Die Kinder entscheiden zum Beispiel selbst, ob sie heute etwas Kreatives machen wollen oder sich lieber mit einem Mathethema beschäftigen wollen. Für Kinder und Jugendliche ist es von Geburt an wichtig, Freiheit zu haben und sich selbstbestimmt entwickeln zu können. Der Fokus hierbei liegt vor allem darauf, dass die Kinder ihre Fähigkeiten erweitern  und das Vertrauen in sich selbst und ihre Stärken entwickeln. 

Maria Montessori stellte außerdem fest, dass es produktiv ist,  in jahrgangsgemischten Gruppen zu arbeiten. Am besten sollten drei Jahrgänge jeweils zusammengefasst werden, dadurch können die Kinder und Jugendlichen auch gegenseitig voneinander lernen und jeder kann  in seinem eigenen Tempo voranschreiten.

Das Montessori Konzept bedeutete für die Kinder, sich selbst besser einschätzen zu können und die sogenannte  “vorbereitetet Umgebung“, in der sie sich entwickeln, zu nutzen.  In dieser gibt es verschiedene Montessori Materialien, die das selbstständige Lernen fördern und  langsam an die Themen heranführen. Die Kinder entwickeln schnell soziale Kompetenzen und Teamfähigkeit, indem sie miteinander und voneinander lernen. 

 

Meine eigene Erfahrung

Ich selbst bin seit der dritten Klasse auf verschiedenen freien Schulen gewesen und habe unterschiedliche Erfahrungen mit dem Montessori Konzept gemacht. 

Ich finde, dass das Montessori Konzept für viele Kinder eine Möglichkeit ist, stressfrei und in ihrem Tempo zu lernen.  Ich hatte zu Anfang Schwierigkeiten, mich auf die Lerninhalte zu konzentrieren und dabei im gleichen Tempo wie alle anderen zu lernen. Von der ersten bis zur dritten Klasse ist es mir auf der regulären Grundschule sehr schwergefallen, mit den Lerninhalten des Unterrichts mitzukommen. 

Auf den freien Schulen hingegen fiel es mir viel leichter, die Themen zu verstehen, dadurch, dass ich nicht unter ständigem Stress und Druck stand, alles wissen zu müssen. Nach einiger Zeit machte es mir sogar ziemlich viel Spaß, verschiedene Mathe-Themen zu bearbeiten und ich entwickelte ein eigenes Gespür dafür, was ich mir selbst zutraue und welche Themen ich mir vielleicht noch nicht anschaue.  

Durch die vorbereitete Umgebung lernte ich oft auch unbewusst neue Dinge dazu, zum Beispiel durch Gespräche mit anderen Kindern und Jugendlichen, die mir bei einigen Themen halfen oder mir neue Vorschläge machten, wie sie eine Aufgabe zum Beispiel rechnen würden. 

Irgendwann, als ich mich sehr viel mit dem Material und den Lerninhalten beschäftigt hatte, bekam ich den Impuls, ob ich nicht vielleicht mal schauen möchte, wie es so ist, eine Prüfung zu schreiben und den ganzen Ablauf, bis hin zum Abschluss, zu durchleben. 

Die Lernbegleiter haben mich dabei sehr unterstützt und mir geholfen, wenn ich mal etwas nicht verstanden habe oder einen Anstoß brauchte. 

Ich habe ein Jahr übersprungen und in meinem Tempo weitergelernt, zusammen mit anderen Schülern haben wir uns in Betreung der Lernbegleiter selbstständig auf die Prüfung vorbereitet. 

Ich habe mich selbst so eingeschätzt, dass ich es schaffen kann, eine Prüfung zu schreiben, also setzte ich mir das erste Ziel, meinen Hauptschulabschluss zu machen. 

Es war sehr spannend zu sehen, was für unterschiedliche Lernmethoden jeder über die vielen Jahre an der Schule entwickelt hat. Wir waren alle auf einem unterschiedlichen Entwicklungsstand, hatten aber alle dieselbe Motivation, unseren Abschluss zu machen. 

Die vorbereitete Umgebung und das Konzept der Stufenübergreifung hat mir dabei sehr geholfen, da ich so die ganze Zeit miterlebt habe, wie es für die anderen in meiner Stufe war, eine Prüfung zu schreiben, und dann schließlich von der Schule zu gehen. 

Grundsätzlich finde ich, dass das Montessori Konzept die Kinder in ihrer Entwicklung unterstützt. Die Schule ist für mich ein Ort, an dem ich nicht nur darauf konzentriert bin, die ganzen Lerninhalte möglichst schnell zu verarbeiten, sondern an dem ich meine Stärken und Talente ausbauen kann und mein eigenes Lerntempo bestimme, bis ich so weit bin, meinen Abschluss zu machen und in die Welt hinauszugehen. 

 

– Aamilah Sanni, 15, Schülerin an der freien Untersee Schule in Radolfzell

 

Internate mit Montessori-Pädagogik

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